LEHMSTEINBAU (4)

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URSPRÜNGE

Der Lehmsteinbau ist mindestens genauso alt wie der Stampflehmbau und hat seine Wurzeln - soweit uns heute bekannt - bereits 8000 - 6000 v. Chr. im russischen Turkestan, und auch aus Assyrien sind uns Lehmsteinbauten aus der Zeit um 4000 v. Chr. bekannt. In Oberägypten befinden sich heute noch Reste, die ca. 5200 Jahre alt sind, z. B. in Medinet Habu, im Totentempel Ramses des II. in Gourna oder im Tempel von Karnak. Bei den ägyptischen Tempeln verwendete man Lehmsteine gerne zum Bau von Transportrampen, da diese bei der Fertigstellung wieder abgetragen werden mußten und dieses bei Lehm unter Zuhilfenahme von Wasser leichter war als bei Massivmauerwerken.
Der Stadtkern von Shibam (Jemen) stammt zum großen Teil aus dem 15. Jhdt. und besteht aus vielen, teils achtstöckigen, Lehmziegelbauten. In England entwickelte sich im 17. Jhdt. die sogenannte "Grassoden-Bauweise; dabei wurden einfach Blöcke aus dem lehmigen, grasbewachsenen Boden ausgestochen und - mit der Grasseite nach unten - übereinander gestapelt. Ein Jahrhundert später wurde diese Technik von englischen Emigranten nach Amerika gebracht, wo viele dieser "sod houses" entstanden. Auch einige nordamerikanische Indianerstämme, wie z. B. die Omaha oder die Pawnee, benutzten schon lange "Soden" zum Abdecken ihrer Rundhütten.

MODERNER LEHMSTEINBAU

In der heutigen Zeit wird Lehmsteinbau immer interessanter, da er wie normaler Ziegel zu vermauern ist und keine speziellen Geräte benötigt. Die Grünlinge (ß Erklärung siehe Kap. "Lehmsteinbau" im Vorwort) werden ganz normal in der Ziegelei hergestellt und nur vor dem Brennen schon aus dem Produktionsvorgang herausgenommen. Danach können sie wie herkömmliche Tonziegel verarbeitet werden, wozu man am besten Lehmmörtel verwendet, da seine Feuchtigkeit die Oberflächen der Grünlinge leicht aufweicht und diese sich dann beim Trocknen gut mit dem Mörtel verbinden können. Die unteren 20 - 30 cm einer Wand sollten jedoch - wie bei allen Lehmwänden - aus einer Massivmauer mit Feuchtigkeitssperre bestehen, um aufsteigende Baufeuchte vom Boden oder bei einem Rohrbruch zu vermeiden, welche den Lehm unweigerlich zum Quellen bringen und damit die Mauer zerstören würde.

HERSTELLUNG VON GRÜNLINGEN

Es gibt heute 3 gängige Techniken, Lehmsteine herzustellen: manuell durch "patzen", mit einer Lehmsteinpresse oder mit einer Strangpresse. Erstere ist die älteste Methode und auch heute in Entwicklungsländern noch weit verbreitet. Dabei schleudert ("patzt") man einen größeren, fetten Lehmklumpen in eine entsprechende Form und drückt ihn danach noch in die Ecken. Dann wird das überschüssige Material entweder mit einem Brett geglättet oder mit einem Draht abgezogen. Am Schluß wird die Form gekippt und der Lehmstein - hochkant stehend (wegen des gleichmäßigeren Schwindens) - zum Trocknen aufgestellt. Bei den Lehmsteinpressen (es gibt manuelle Geräte und vollautomatische) läuft der Vorgang fast genauso ab, nur wird der Lehmklumpen nicht gepatzt, sondern einfach nur unter hohem Druck in die Form gepreßt. Bei der Strangpresse erzeugt man einen länglichen Lehmstrang, der dann - je nach gewünschter Ziegelgröße - in den entsprechenden Längen abgeschnitten wird. Diese Technik wird auch in Ziegeleien und für das direkte Formen mit Naßlehm angewandt. Die größte Festigkeit bei Lehmsteinen erreicht man, wenn man diese 3 Techniken vergleicht, interessanterweise bei der manuellen Patztechnik, da sich die kleinsten Teilchen im Lehm scheinbar durch das "werfen" besser ausrichten als wenn sie unter Druck gepreßt werden. Die Arbeitsleistung beträgt jedoch nur ca. 300 Steine pro Tag (Ziegler im 18. Jhdt. konnten bis zu 500 Steine pro Person und Tag herstellen!). Mit manuell bedienten, hydraulischen Lehmsteinpressen erreicht man nur 150 - 200 Steine pro Tag und benötigt noch dazu ca. 3 - 5 Personen für einen idealen Produktionsablauf. Vollautomatische Lehmsteinpressen schaffen (je nach Modell) 1500 - 4000 Lehmsteine pro 8-Stunden-Tag, sind aber in der Anschaffung sehr kostenintensiv und außerdem äußerst reparaturanfällig.
Der günstigste Weg, in Mitteleuropa an Lehmsteine zu kommen, ist sie bei einer Ziegelei oder Lehmsteinfirma zu beziehen.